04 Juli 2008

Bad in der Menge...oder:
Liebhaberstück...oder:
Gänsehaut bei 30 Grad


21Uhr. Außentemperatur 27°C, Innentemperatur ca. 3 darüber. Eigentlich müsste man mit dem Applaus haushalten. Doch Rufus Wainwright im "Studio" des Admiralspalast gönnt sich selbst keinen chilligen Abend sondern gibt wieder alles. Den hochverdienten (Fußballslang, so weit sind wir schon) Applaus genießt er sichtlich, badet darin - wenn er es im Schweiß nicht längst tut. Man selbst erfährt verwundert die eine oder andere Gänsehaut, auch beim dritten besuchten seiner Konzerte innerhalb der letzten 8 Monate.
Der Set ist dann mit rund anderthalbstunden inklusive Zugaben vielleicht etwas kürzer - doch was will man mehr: Bei diesem Solokonzert -nur kurzzeitig wurde er von einem Streichquartett unterstützt und konzentrierte bei "Tulsa" dank zusätzlicher Pianistin ganz auf den Gesang- erklangen Liebhaberstücke in Hülle und Fülle. Und womöglich ist das größte Liebhaberstück der charismatische 34jährige Wunderknabe auf der Bühne:

Wer würde es sonst wohl schaffen mit einem Solokonzert an einem sich abzeichnenenden Hochsommerabend diesen nicht kleinen Saal auszuverkaufen und die Gemeinde zu jauchzenden Ovationen hinzureißen ?

Besondere Belohnungen dabei: zwei neu-vertonte Shakespeare Sonnete (aus einer Produktion an der er am Berliner Ensemble mit Robert Wilson arbeitet) und ein faszinierendes, ebenfalls brandneues "Who are you New York" mit Kaskaden von diffizilen Arpeggios.

Das ein oder andere Mal (so sehr bin ich dann doch Connoisseur) stört ein Zwischenruf aus Unkenntnis über den ausstehenden Schlussakkord oder bevor das letzte Wort gehaucht ist.

Und besonders gegen Ende des Hauptsets befremdet hörbar heiter angeregtes Geplapper aus dem Foyer doch sehr. (Man hofft, dass es auf der Bühne nicht zu hören ist, wohl vergeblich.) Ein paar Mal scheint er in Zäsuren inne zu halten, lässt sich jedoch nichts anmerken und macht, ganz Profi, sein Ding - selbst im pianissimo.

Vom letzten unbestuhlten Konzert in Berlin im November 2005 erzählte man ähnliches: Vielleicht Preis des Ruhms, dass Wainwrights Nimbus auch eine gewisse Schickeria anzieht, die dann trotz beachtlicher Ticketpreise ihr eigenes Geschwafel für wichtiger hält als die Musik.