25 Dezember 2009

Kleines Weihnachtslied Brevier Teil 2

eine Fortsetzung nachdem der erste Braten verspeist ist und die Geschenke verteilt. Unter mal mehr, mal weniger gewürdigter Musikberieselung

Last Christmas

Die musikalische Klette. Und jedes Jahr hoffen Aberzählige, dass es endlich das letzte Christmas ist (an dem man diese akustische Zuckergießerei ertragen muss). Diese Hoffunung ist wohl mittlerweile begraben. Was hat der Text eigentlich mit Weihnacht zu tun? Interessanter weise von der Plattenfirma zunächst als "Last Easter" geplant gewesen (kein Scherz), dann aber aus Termingründen verschoben. Und so begab es sich wohl, dass Schellenkränz-Gebimmel eilfertig in den Track eingebaut wurde. Offenbar werden in dem Ski-Ort in der Schweiz, der als Schauplatz für das MusikVideo diente mittlerweile Touristenführungen an die Drehorte angeboten. O tempora, o mores.

The Christmas Song (Chestnuts roasting on an open fire)
Wenn White Christmas der meistverkaufte Song ist: dieses ist der (laut der amerikanischen Version der GEMA) meist gespielte. Zig Coverversionen bestätigen dies. Der Text kurioserweise durch Zufall entstanden - um im Hochsommer wenigstens im Kopf kühl zu bleiben. So totgenudelt wie kaum etwas anderes. Tipp: zurück zu einer der ersten Versionen von Nat King Cole: Unbestechlich.

Feliz Navidad
Sollte dann ebenfalls genannt sein - was die Hartnäckigkeit betrifft. Weniger wegen (nicht vorhandener) Cover-Versionen, sondern wegen Über-Benutzung der bekanntesten Version von José Feliciano aus dem Jahre 1970 im deutschen Rundfunk bis weit in die 80 hinein. Wohl weil "Last Christmas" noch nicht erschienen war (?) Wobei das an sich lieb gemeinte Ständchen in seiner Simplizität alsbald anfängt zu nerven und Felicianos leicht knödeliger Tenor ein ähnliches tut.

Merry Xmas (War is over)
Na, das ist doch mal ein Schwergewicht. Und zu Recht. Genau genommen ein Protest-Song gegen den Vietnam Krieg. (Final Chorus "War is over, if you want it.."). Wobei man den Text sowohl christlich als auch sozialistisch lesen kann. Eigentlich eine Schande, dass das Lied seit '71 kein bißchen an Relevanz verloren hat. Wir würden dieses wunderbare Lied doch einfach auch so gerne hören. Selbst mit der unüberhörbar knödelnden Yoko Ono.

White Christmas
Kein anderes Weihnachtslied verkaufte sich häufiger als dieser Oldie. Entstanden im Jahre 1942 stellte sich der Erfolg erst ein paar Jahre später ein...dann aber äußerst beständig. Komponist Irving Berlin wusste alsbald als er es seiner Sekretärin diktierte, dass es etwas großes geschaffen hatte. In seiner Unschuld vergibt man dem Song, dass man ihn eigentlich nicht mehr hören kann. Vielleicht weil er sich so gekonnt an den Mythos weiße Weihnachten andockt...welche in unseren Breiten immer seltener scheinen.

Joy to the world
Wollte eigentlich "Freue dich Welt" in die Liste aufnehmen, doch wie ich beim Recherchieren überrascht feststellte stammt dieser Kirchen-Evergreen aus Großbritannien. Na gut, Musik von Händel. Na gut, der ist fast mehr Engländer als Deutscher gewesen. Bemerkenswerte Version auf dem ebenso großartigem Weihnachtsalbum der Prinzen (namens "Festplatte"). Eins der wenigen Lieder, die schon in der Kirche überzeugen. Soll heißen die man gerne singt (ebenda). Was uns führt zu

O du fröhliche
Für viele im deutssprachigen Raum fast wichtiger als "Stille Nacht". Doch: Man greift ins Leere. Denn die Musik stammt offenbar aus Sizilien. Der deutsche Text ursprünglich gar nicht als reines Weihnachtslied gedacht, jedoch später dazu umgedichtet worden. Erfreulicherweise. Denn kein Weihnachten meiner Kindheit und Jugend wäre komplett gewesen ohne dies Abschlusslied der Gottesdienste. (Dass es nur mit der dann bald bevorstehenden Bescherung zu tun hatte, möchte ich latent bestreiten). Wunderbare, Hoffnung inspirierende Melodie und ein Text voller Dankbarkeit.

20 Dezember 2009

Kleines Weihnachtslied Brevier
Teil 1

Endlich, endlich bekomme ich Lust Weihnachtsmusik aufzugelegen. Jedes Jahr später. Fraglich, ob es daran liegt, dass man rund 50 Weihnachts-CDs über die Jahre (an)gesammelt hat. Oder aber, weil der Overkill jedes Jahr beliebiger wird: Für jede beliebige Christmas-Song-Version ("Chestnuts roasting on an ohohoopen fiiiire") die ich in den Shopping malls lauschen muss einen Zimtstern = ich hätte bis Ostern zu knabbern.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit hier nun eine kleine Kritik der un-reinen Vernunft über saisonale Songs. Teil 1

Rudolph the rednosed reindeer
Amüsant, nicht mehr, nicht weniger (Na, ja die ersten 3 Male, die man das Lied im Leben hört. Danach beginnt's eigentlich konsequent zu nerven). Ethisch zweifelhaft. Erst schauen die Rentier Kumpel Rudolph nicht mal mit dem Hintern an. Dann, nur weil er quasi befördert wird will jeder sein Freund sein. Pädagogisch nicht sehr wertvoll.

The 12 days of Christmas
Uralt überliefertes britisches Lied in Form einer Zählgeschichte("Four calling birds, Three French hens, Two turtle doves ....And a partridge in a pear tree"). In der Angestaubtheit und Unschuld ("my true love gave to me") schon wieder rührend. Im nichtenglischen Sprachraum sträflich unbekannt - obwohl es diverse namhafte Aufnahmen davon gibt. Wie die vom -insgesamt exquisiten- Weihnachtsalbum Harry Belafontes "To wish you a Merry Christmas".

Stille Nacht
Für manche der Über-Bringer (der Frohen Botschaft, Vorsicht Wortspiel) schlechthin. Allein schon die Entstehungsgeschichte (~die angebliche) mythisch bis ergreifend (Bergdorf, kaputte Orgel, arme Gemeinde...) Musikalisch zu Recht nicht kaputt zu kriegen und durchaus interessant. Angeblich soll das mit dem an solcher Stelle seltenst benutztem Sekund-Intervall (Sti-hille Nacht) zu tun haben. Hier fällt es angesichts der vielen gelungenen Versionen eine hervor zu heben. Fast ebenso schwer wie dieses Kleinod im Kaufhaus hören zu müssen.

Lasst uns froh und munter sein
Schwierig. Da hyper-materialistisch. Denn hier geht es ja Strophe um Strophe nur darum was das lyrische Ich nun endlich geschenkt bekommen wird. Das musikalische Equivalent zu einem quengeligen Kind. Wenn es hingegen von Hermann von Veen auf seinem wohltuend altmodischen Weinachtsalbum von 1980 geträllert wird ist man dann doch wieder einigermaßen versöhnt.

The little drummer boy
Das ist schon Weihnachten pur. [Geschichtlich-historisch natürlich bestenfalls spekulativ, denn von einem Trommler erzählte das Lukas-Evangelium ja bekanntlich nichts.] Als Kind fand ich das "Parapapom-Pom" zunächst affig, dann schnuckelig. Als ich später hinter den Text kam war und bin ich bis heute beeindruckt: Wahres Entzücken, echte Demut, nichts in den Händen, nichts zu geben und anzubieten außer dem Trommelspiel.

Meine persönliche Lieblingsversion auf Harry Connick jr.'s fantastischem Album "When my heart finds Christmas": Fast schon erhaben-ernst. Die Snare-Wirbel mit geschmackvoll viel Hall, geschickte Dramaturgie mit Crescendo und Decrescendo.

Legendär das Duett von Bing Crosby & David Bowie in einem Fernsehspecial. Egal wie womöglich kalkuliert, dennoch bewegend: Bowie's ex tempore "Peace on earth, can it be..?"

was uns überleitet zu...
Fortsetzung folgt.

10 Dezember 2009

Ganz schlechte Idee




Manchmal sollte man meinen, man wohnt nicht in Berlin sondern Buxtehude oder Bunkenhausen. Und das kam so:

Zunächst einmal: Ein "Hörplatz" in der Staatsoper heißt Hörplatz, weil... siehe Foto. Als Hörspiel habe ich Mozarts Zauberflöte auch noch nicht erlebt. Eine Lektion für's Leben. Die Liebste und ich hatten den pflichtschuldigen Hinweis vor und bei der Online Buchung beide übersehen. Einmal und nicht wieder.

Ab irgendeinem Zeitpunkt hört man dann auch auf, den Hals zu Recken, was sowieso nur mit konstant vornüber gebeugte Haltung oder verschränkten Armen auf dem Geländer vor einem geht. Remember Frau Straatmann ? Doch das geht ja wie gesagt auf unsere Kappe.

Hier noch ein ebenso wichtiger Tipp: wenn man wenige Minuten vor Beginn sieht, dass die eigenen Plätze offenbar belegt sind... so nehme man nicht irgendwelche anderen freien, besser scheinenden. Die Chance ist relativ groß, dass deren Inhaber noch später als man selbst erscheinen - und man ein paar Runden "Reise nach Jerusalem" (ostdeutsch:Stuhltanz, englisch: musical chairs) vor sich hat.

Es dauerte endlos scheinende Minuten, bis wir nun endlich den dreisten drei Besetzern unserer Plätze klar gemacht hatten, dass es hier Platzreservierungen gibt. Spielen offenbar doof oder dummdreist oder wasweisich. Haben auch noch alternative Vorschläge zur Platzierung. (Die Kühnheit !) Quälend langes Gedränge beim Wechseln. Drittes Läuten und das Orchester stellt langsam das Stimmen der Instrumente ein. Den Auftrittsapplaus für den eintretenden Dirigenten (sehen kann ich das nicht, doch alle anderen klatschen ja auch) nehmen wir selig, nein genervt lächelnd endlich sitzend ein.

Doch was ist das ? Keine 3 Takte der Ouvertüre sind verklungen und eine an sich nett aussehende junge Dame schiebt sich von rechts in unsere Reihe. Uns kann sie nicht meinen, sondern: Bingo ! Eine der Dreisten Drei, die jetze links von uns Platz genommen hatten. Auf ihren späten aber berechtigten Hinweis, dass das ihr Platz sei entgegnet die Sitzerin allen Ernstes, dass es doch jetzt aber schon angefangen hätte. In der Tat ! Und so verbringe ich bis kurz vor Beginn des ersten Aktes die Zeit halb stehend - den Kopf letztlich verzweifelt auf meinen auf dem Geländer verschränkten Armen. Bis sich die drei Debütantinnen (?) endlich trollen.

Was aus den drei Grazien geworden ist ? Wir haben eine Ahnung sie vor Beginn des zweiten Aktes einen Rang unter uns auf Plätzen mit weitaus besserer Sicht gesehen zu haben.