29 September 2006

oh boyoh

Fast vier Monate sind einfach zu lang. Das sagen mir ganz klar meine Muskeln. Ich weiß nicht wie sie heißen, doch ich könnte sie jetzt einzeln finden, im gesamten Schulterbereich. Trotzdem gut, dass ich gestern mal wieder beim Wing Tsun war - und wär es auch nur um bestätigt zu sehen, dass fit bleiben nicht einfacher wird.

Nach dem noch verträglichen Warm-up war ich noch guter Dinge, schwitzend, doch guter Dinge.

Wenige Minuten später und diesmal mit Boxhandschuhen statt mit den kleinen Faustschützern sah die Welt schon anders aus. Nach jeweils ein paar dutzend Kettenfauststößen im Sparring wollten die Arme irgendwie nicht mehr hoch. Schon gar nicht die nochmal 20cm höher zum Blocken. Bamm. Auffe Omme. Tja, dafür trägt man ja Handschuhe. Ok, dass uns der Trainer auch mal drauf vorbereitet, dass es in einer Prüfung und auch in realen Situationen mal direkter zugehen wird, dass ein Gegner dann auch durchkommen will und nicht wartet bis wir die Deckung oben haben.

Etwas erschreckend, wie schnell man abbaut. Andersrum betrachtet: hatte vorher also schon so einiges aufgebaut gehabt. Hm.

24 September 2006

Rührung

Ein ziemlich erfolgreicher Auftritt mit unserer Impro-Gruppe am Freitagabend.

Zuspruch, Applaus, Lachen, Energie, viele Songs, Irrungen, Wirrungen, Verbindung, Gespräche danach, Lachen...Aufatmen.
Am nächsten Morgen immer noch Zufriedenheit und inneres Lächeln.
Nach all der latenten Anspannung und dem immer wieder aufkochenden Lampenfieber ein Gefühl von: "warum eigentlich nicht heut abend wieder?".

Auf der Fahrt zum dayjob Lektüre von "Zwischen zwei Schweigen", einer Sammlung von Interviews mit Peter Brook, wegweisendem englischen Regisseur. Songfragmente, die Geschichte des unfreiwillig Zeitreisenden Billy Pilgrim in K.Vonneguts "Slaughterhouse V", Erlebtes der letzten Tage verdichten sich zu einer Einsicht. Ich halte inne, blicke auf und bin fast zu Tränen gerührt. Ein seltener Moment der Klarheit:

Im Impro suchen wir geradezu das unbekannte und erfinden uns in jedem Moment. Man lernt, keine Erwartungen zu haben, Angebote zu erkennen, eigene einzubringen, mitzubauen am Ganzen. Im eigenen Kopf nicht voraus zu planen, die Zukunft nicht kennen zu wollen. Lust am Unerwarteten.

Im sonstigen Leben möchten wir nur allzu gern steuern, suchen die Kontrolle, wüssten am liebsten, wie es kommen wird, welcher Weg der lohnendere, richtigere ist.

Vor Jahren ergab es sich, dass ich im Laufe eines langen Abends ernsthaft gefragt wurde, ob ich die Zukunft (in jenem Fall Karten) gelegt haben will..nach kurzem Zögern verneinte ich deutlich. Es mag ein Teil Furcht gewesen sein; zum anderen, das Schicksal selbst steuern zu wollen.

Das Privileg erkennen, jeden Tag, jeden Moment selbst mitzugestalten - ohne ihn konkret steuern zu wollen. Neugier auf die Beiträge der Anderen, ohne das Ziel oder das Ergebnis schon kennen zu wollen.
Das Unbekannte, die Unsicherheit als Geschenk, als zu entdeckendes Land.

19 September 2006

so geht's doch auch

ein unglaublich arbeitsintensiver Tag geht zu Ende

Was heute morgen noch bei schönster September Sonne am offenem Balkon begann, mündete bei der Arbeit in einen rechten Schlauch. Zwei Kollegen krank und ein Versionswechsel in unserer Vertriebs-Software. Fragen, ununterbrochene, bis zum Feierabend. Gefühlte Hunderte von Anliegen, Wünschen, Auskünften, Beschwerden.


Rotwein, laue Abendluft, wieder Balkon. Von drinnen weht Kate Bush heraus und besingt die Zahl Pi. Ein Album, das ich in der Tat sehr unterschätzt habe. Aerial. Luftig. Der Titel passt.

Netter Nebeneffekt des Tages: das Lampenfieber vor Freitag hatte null Chance durchzukommen. Tja, morgen ist mein freier Tag. Her damit.

11 September 2006

mein 11.September

vielerorts wird derzeit gefragt: wo waren Sie, wie haben Sie es erlebt...

Es war ein annähernd goldener September-Tag wie der heutige. Ich recherchierte im Büro, das ich mit 2 Kolleginnen teilte im Internet, als die eine Kollegin am Telefon auf die Vorgänge hingewiesen wurde. Ich wechselte sofort auf Nachrichten-Seiten und konnte nicht glauben was ich dort las. Kurzerhand nutzte ich die Gelegenheit und setzte mich nach Hause ab, denn seit kurzem war ich arbeitszeitmäßig mein eigener Herr - und für den Abend war eigentlich noch ein Meeting weit außerhalb angesetzt. Zeit genug an sich.

Zuhause angekommen, klinkte ich mich in die fortlaufende Berichterstattung im TV ein. Es ist schwer zu beschreiben, was in meinem Innern vorging, als ich den ersten der Türme einstürzen sah. Irgendetwas in mir stürzte ebenfalls ein. Mein unverbesserlicher Optimismus, diese Welt betreffend... mein Glaube, das diese Zivilisation sich in absehbarer Zeit berappelt und zu ganz neuen Höhen aufschwingt ..? All dies schoss in wenigen Sekunden in unerreichbare Ferne.

Ungläubig verfolgte ich die Berichte im Fernsehen und fragte unterdessen telefonisch, ob unter diesen Umständen das Vertriebsmeeting tatsächlich stattfinden würde. (Ich für meinen Teil hielt es für komplett unangemessen, sich an diesem Abend über Strategien und Vertriebsziele zu unterhalten). Doch: es galt, ich musste ins Auto und 60km durchs Emsland fahren.

Kurz gesagt: ich folgte den Ausführung unserer -im Rückblick- banalen, trivialen kleinen Konferenz bestenfalls halbherzig. Innerlich brodelte es: Wie kann man an so einem Tag die Außenwelt abschotten ? Was sind das für Menschen ? Beim anschließenden Essen Allgemeinplätze über die Vorkommnissse, die auf dem Fernseher des Hotels wieder und wiederholt wurden.

Heilfroh war ich, als ich endlich nach Hause starten konnte. Schon im Auto telefonierte ich mit meiner allerbesten Freundin, die damals bei mir gegenüber wohnte.

Mein Innerstes verlangte nach einem: Kontakt aufnehmen mit lieben Menschen. Wenn es schon nicht Kraft war, die wir uns spenden konnten, so wenigstens das Gefühl, das wir nicht allein sind. Dass wir bei all dem nicht palavern - und schon gar nicht über ein Produkt, das mein Arbeitgeber heutzutage genau jetzt genommen drittes mal lanciert.

Der Tag ging sehr spät zu Ende. Einer der ersten Gedanken des nächsten Morgens war, dass diese Welt in der Tat nicht mehr dieselbe ist.

Fußnote: mir ist bewusst, dass all dies lediglich die Auswirkungen in "unser" Welt betraf, dass " Diese-Welt-ist-nicht-mehr-dieselbe" für Menschen in Ruanda, im Kosovo, in Somalia auf ganz andere Weise schon Jahre zuvor klar geworden war.

Auch wenn im Nachhinein völlig andere, neue und noch beunruhigendere Fragen im Zusammenhang mit dem 11.09. aufkamen:
Ich gebe zu, dass dieser Tag für mich ein "Weckruf" war.

04 September 2006

ganz frisch


Na, das Warten hat sich doch wirklich gelohnt ;-)
Alles Gute an Marisa, Laura, Marlies, Sascha, Annette und Volker ! Hach...
Genaues findet man im Datenblatt. Da bin ich ja gespannt auf meinen nächsten Besuch in der alten Heimat.

ein Glückwunsch auch an die Eltern für die schöne Namenswahl

Würgen

noch vorm ersten Frühstück ein Würgen, beim Bäcker der morgendliche Blick auf die Schmierenschlagzeilen des reationären Kampfblattes. (Anm.: Die Morgenschlagzeile "Schon wieder Gammelfleisch! Tut endlich was !" ist mittlerweile nicht mehr online. Der Link rechts oben verwies aber auf einen entsprechen, äh, Beitrag über BMLw Seehofer in genau demselben Tenor)

Es ist immer wieder unglaublich, wie es B#*d schafft, einerseits "die da oben" anzuklagen und andererseits täglich die Obrigkeitshörigkeit weiter zu zementieren ("tut was!")

Eilmeldung:
Lieber Verbraucher, vor allem können SIE daran etwas tun.
Auch das noch !


Indem Sie immer häufiger hinterfragen (wie jetzt auch die Süddeutsche kommentiert), was sie da eigentlich kaufen. Dass z.B. -ich nenne es mal- Fleischimbiss für rund einen Euro nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Sollte sich irgendwie verstehen. Dass man kein halbes Huhn für 2,5o aufziehen, ernähren, gesund halten, schlachten, zerlegen, kühlen, transportieren, zubereiten, verpacken und versteuern kann. Irgendwie klar, oder? Doch der gesunde Menschenverstand setzt bei der Schnäppchenjagd gern mal aus.

Und dass es halt nicht sinnvoll ist, in den Biomarkt zu traben, um dann z.B. Milch-Produkte zu kaufen, die über hunderte Kilometer aus dem Allgäu oder Norditalien heran gekarrt worden sind - sollte sich auch von selbst verstehen.

03 September 2006

old style

Ist das wirklich schon so lange her ? Nicht nur der letzte Blogeintrag, sondern das Gitarrespielen...
Scheint, als hätt ich nach Ende des Urlaubes auch meine Gitarren links liegen gelassen. Heraus kam's als ich wieder einmal den famosen Ray Lamontagne hörte und endlich mitklampfen wollte. Ging noch ganz gut, doch nach einiger Zeit merkte ich schmerzhaft, dass die Hornhaut an meinen Fingerkuppen zu wünschen übrig ließ, aua. Eine Übung in Durchhaltevermögen, der Song sollte wenigstens schön zuende gespielt werden...

Ray Lamontagne hat übrigens gerade sein zweites Album veröffentlicht und es scheint als stünde es seinem Debüt in nichts nach. Nicht ganz so "old style" ("Trouble" klang wie durch ein Zeitloch aus dem Jahr 72 gefallen) doch immer noch wohltuend unaufgeregtes, faszinierendes Songwriting und Arrangement.

Dazu passt, dass ich mir heute morgen im Bette ein bemerkenswertes Interview mit dem Produzenten Michael Beinhorn im "Rolling Stone" las. Die Quintessenz: der erschreckende Großteil des jährlichen Pop und Rock outputs wird immer uniformer. Dazu brauchte ich natürlich nicht dieses Interview.

Doch die beleuchteten Werkzeuge, mit denen die heutigen Stromlinien-Musikprodukte auf Norm gebracht werden waren ebenso augenöffnend wie die Hintergründe aus dem Musik Business und seiner Arbeit mit (u.a.) Red hot chili peppers, Coutney Love, Marilyn Manson etc.